Die ganze Zeit hat man uns erzählt was der Kapitalismus ist, dummerweise hielten wir das für Propaganda!
Nun haben wir ihn, genauso wie er uns geschildert wurde. Eine menschenverachtende, konsumorientierte, (oder sagen wir profitorientierte?) Gesellschaftsform.
Weißt Du lieber Mike, das Problem ist, dass Du keine Ahnung hast, was der Osten, was die DDR war. Und das es vielen aus der ehemaligen DDR auch schwer fällt das zu schildern. Wir laufen gegen Vorurteile an, eines zum Beispiel was mir auch bei Dir wieder besonders auffällt ist das der abgegebenen Verantwortung. Woher willst Du das wissen? Ich war immer verantwortlich.
Ich zum Beispiel hatte ein großes Problem in der DDR weil ich Christin war. Weil ich nicht in den üblichen Organisationen war. Weil ich selber denkend war.
Soll ich Dir was sagen, das selbstständige Denken ist auch jetzt nicht erwünscht...
In der DDR durfte man seinem Chef alles sagen, gegen den Staat nichts. Nun ist es umgedreht. Was soll daran besser sein?
Im Kapitalismus gegen den Götzendienst am Mammon zu sein, das ist ein Kampf gegen Windmühlen. Alles dreht sich immer nur ums Geld. im Westen werden nicht mal wirklich nahe Freundschaften geknüpft, wenn man seinen Reichtum bedroht sieht. (Das ist was mir am allermeisten fehlt im Westen, die Fähigkeit zu Freundschaft, es gibt nette Wessis und nette lose Kontakte, Bekanntschaften aber ich habe nicht einen Freund im Westen gefunden. Bei Geld hört im Westen die Freundschaft auf, im Osten begann sie da.)
Für mich ist es eigentlich das, die Unterwerfung an den Besitz, die totale Ausrichtung darauf und damit verbunden, der absolute Verfall von Werten.
Mag sein, wir hatten eine Diktatur, obwohl mir das immer ein sehr hoch gegriffener Begriff ist für die Staatsform der DDR. Jetzt haben wir Marionetten der Wirtschaft, Schildbürger im Parlament, die mit Säcken Licht in den Bundestag tragen. Und die Wahl ist für mich eine ähnliche Farce wie zu DDR-Zeiten. Ich kann nur Übel wählen, und inzwischen nicht einmal mehr das kleinere...
Weißt Du Mike, es ist eigentlich völlig egal, was die Freiheit einschränkt. Auch Armut macht unfrei. Existenzangst hält Menschen in Schach. Angst ist auch der Bundesregierung ein liebes Mittel um das Volk zu lenken, da darf dann auch mal die Festplatte eines jeden freien Bürgers durchsucht werden... Herrlich! Oder wir hören die Telefone ab?
Ja?
Wunderbar, ich lebe wieder in der DDR! Und Frau Merkel ist mir so vertraut, sie spricht immer noch wie früher die FDJ-Sekretäre. Ist sie nicht vielleicht einer?
Wo siehst Du denn hier die Freiheit? Die ist eine Illusion, hier wie damals dort!
Ich will die DDR nicht zurück, aber ich will das hier auch nicht! Und wie ich gegen menschenverachtendes Gebaren drüben war, so bin ich heute dagegen.
Das hier ist nicht einen Deut besser, als das was die DDR war. Vielleicht ist es auch nicht schlimmer...
Der Westen hat wenig Grund stolz zu sein, die Krise ist eine natürliche Folge dieser Wirtschaftsform. Eine natürliche Folge von Maßlosigkeit und Gier. Das musste kommen, das tragen wir nun mit.
Mit einem Milliardenkredit der BRD von 1,3 Milliarden D-Mark hat die DDR noch sechs Jahre überlebt, das schiebt die Regierung den Banken heute wöchentlich in die Taschen... für die sind das Peanuts.
Aber für Bildung ist kein Cent übrig.
Manchmal bin ich mir nicht so sicher... Gäbe es noch beide Staaten und ich hätte die Wahl, in welchem ich leben wollte... ich glaube ich ginge in die DDR. Aus nur dem einen Grund, weil ich dort einen Unterschied machen könnte. Weil ich dort wirklich etwas bewegen könnte, weil dort der, der seinen Mund aufgemacht hat auch gehört worden ist. (ja vielleicht hat man ihn eingesperrt, aber seine Worte blieben draussen...) Weil dort viel eher Veränderung möglich war und nicht diese graue Suppe der Resignation über allen waberte.
Wer hier gehört werden will, der muss schreien, der muss Steine werfen oder sich selber anzünden.... alles ist taub...und abgestumpft...
Du missverstehst, wenn Du glaubst es wäre die Armut. Arm waren im Osten auch genug Menschen.
Es ist die Gleichgültigkeit des Westens und seine soziale Kälte, die machen krank und müde.